Die „schöne Welt“, sagt Hölderlin, ist für den Menschen nur in Verbindung mit der „Dürftigkeit des Lebens“ erfahrbar. Selbst die „Sorglosschlafenden“ und „Frischaufgeblühten“ unterliegen diesem Paradox. Die Sehnsucht „ins Ungebundene“, der „Trieb, unendlich fortzuschreiten“ und sich von allen Fesseln zu befreien, wird kontrastiert durch den „Trieb, beschränkt zu werden, zu empfangen“, denn es „ist in uns auch wieder etwas, das die Fesseln gern behält“ (»An die Madonna«, »Hyperion«, »Mnemosyne«). Das erinnert an die kontrapunktische »Kunst der Fuge« von Bach. Auch sie ist Ausdruck einer Gleichzeitigkeit von streng begrenzender Form und unendlicher Variabilität der Interpretation. Christoph Marthaler wird Hölderlins „Gesänge“ und Gedanken mit Bachs Kompositionen verbinden jenseits von tradierten Klischees und Pathos und sicherlich nicht ohne Humor, den es auch bei Hölderlin und Bach zu finden gibt. Der Abend feiert Hölderlins 250. Geburtstag und erinnert gleichzeitig an Klaus Michael Grüber, dessen exzeptionelle Inszenierungen in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts den Dichter der verstaubten und durch den Nationalsozialismus beschädigten Rezeption entrissen haben. Motiv: Rocket & Wink