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Ein Memento des Unausgesprochenen: Das neue Musiktheater „Songs for Captured Voices“ von Philipp Bergmann, Sandra E. Blatterer, Laure M. Hiendl, Göksu Kunak, Elaine Mitchener, Thea Reifler und dem Ensemble KNM Berlin widmet sich Anfang Februar im radialsystem Aufnahmen menschlicher Stimmen, die im Laufe der Geschichte immer wieder instrumentalisiert und zum Gegenstand asymmetrischer Machtverhandlungen wurden. Hintergrund für dieses Projekt stellen Audio-Aufnahmen aus deutschen Kriegsgefangenenlagern des Ersten und Zweiten Weltkriegs dar, sowie akustische Aufzeichnungen, die aktuell im Kontext von Asylverfahren entstehen. Auf der Bühne werden nicht diese Aufnahmen selbst abgespielt oder reproduziert – die Gefangennahme menschlicher Stimmen dient vielmehr als Ausgangspunkt dafür, genau hinzuhören: Die für dieses Projekt neu komponierte Musik lässt das erklingen, was unausgesprochen und im Verborgenen bleibt, was in den Zwischenlauten und Unschärfen existiert. Die Stimmen, mit denen sich die Künstler*innen der Produktion „Songs for Captured Voices“ auseinandersetzen, stammen zum einen aus dem Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin – ein weltweit einmaliges Archiv von akustischen Aufzeichnungen. Herzstück der Lautarchiv-Sammlung sind Aufnahmen von Liedern sowie einer Vielzahl von Sprachen und Mundarten von Kriegsgefangenen aus aller Welt. Es gibt wenig bis keine Informationen über die Identität der Aufgenommenen, der Fokus liegt auf der Sammlung ihrer Dialekte. Zum anderen handelt es sich um Aufzeichnungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, das seit 2017 eine Spracherkennungssoftware nutzt, um die „Echtheit“ von Dialekten zu überprüfen und mit Hilfe von Algorithmen festzustellen, ob Asylbeantragende tatsächlich aus einer Gefahrenzone kommen – mit nicht unerheblicher Fehlerquote. Das geplante Programm findet entweder als Live-Veranstaltung mit Publikum im radialsystem oder in Form eines Online-Streams statt. Laure M. Hiendl arbeitet als Komponist* und Performer* in den Zwischenbereichen von Konzertmusik, Performance, Musiktheater und Installation und untersucht dabei das Raum-Zeit-Körper Verhältnis in Musik als ein theatrales, performatives Ereignis. Hiendls Arbeiten wurden an zahlreichen Orten und bei Festivals präsentiert, u.a. bei den Donaueschinger Musiktagen, Bergen Assembly, 3hd Festival, rbb Ultraschall Festival, Festiwal Musica Electronica Nova Wrocław, und weitere. Die Installationsoper „PARADISE“ wurde mit dem 1. Preis des Johann-Joseph-Fux Opernkompositionswettbewerbes ausgezeichnet und beim ORF Musikprotokoll im Steirischen Herbst 2016 uraufgeführt. Für die Komposition „Ten Bullets Through One Hole“ erhielt Hiendl den 1. Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart 2020. Philipp Bergmann und Thea Reifler erarbeiten seit 2012 als Regieteam Musiktheater-Inszenierungen, Performances und Videoarbeiten. Sie beschäftigen sich ausgehend von prozessbasierten und queer-feministischen Ansätzen mit traditionellen Narrationen und Repräsentationen kulturellen Erbes und mit den Möglichkeiten ihrer Mobilisierung und Komplexifizierung. Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören die 1:1 Performance „Your unlikely Friend“, gezeigt beim 3-HD Festival Berlin 2018 im HAU, Berghain/Säule und Bethanien und auf dem Zürcher Theater Spektakel 2019. Sowie ihre Arbeit „Stream Switch“, die 2019 im Hamburger Bahnhof in Berlin präsentiert wurde. Seit 2020 arbeiten sie als künstlerisches Leitungsteam in der Shedhalle Zürich - Raum für prozessbasierte Kunst. Elaine Mitchener, geboren und aufgewachsen in East London, ist eine zeitgenössische Sängerin, Bewegungskünstlerin und Komponistin mit jamaikanischen Wurzeln. Sie hat mit zahlreichen namhaften Künstler*innen zusammengearbeitet, darunter Camae Ayewa (Moor Mother), Mark Padmore, George E. Lewis, The Otolith Group, Sonia Boyce, Tansy Davies, Hamid Drake, Van Huynh Company, Apartment House, David Toop, London Sinfonietta, Christian Marclay, Ensemble Manufaktur für aktuelle Musik (MAM) und Willi-am Parker. Gemeinsam mit Jason Yarde und Neil Charles bildet sie das von ihr gegründete, kollektive elektroakustische Trio „The Rolling Calf“. Ihre Klangarbeiten waren u.a. beim Holland Festival und der Ruhrtriennale sowie bei den Donaueschinger Musiktagen zu hören. 2017 feierte ihr Werk „SWEET TOOTH“ Premiere, das beschrieben wurde als „a vital black British addition to those seminal creative statements of resistance and defiance from the African Diaspora“. Ihre Performance „Amazing Grace – reworked“ wurde von Marina Abramovic für ein Performance Art Takeover ausgewählt, das im Dezember 2020 auf Sky Arts ausgestrahlt wird. 2021/22 werden ihre Arbeiten in der Wanderausstellung der British Art Show präsentiert. Göksu Kunak a.k.a Gucci Chunk ist Berliner Schriftsteller*in, Performance-Macher*in und Performer*in mit Interesse an queeren Methoden (insbesondere Chronopolitik) und hybriden Texten, die sich mit den performativen Jargons zeitgenössischer Lebensstile befassen. Beeinflusst von der Arabesk-Kultur und der Spätmoderne beschäftigt Göksu sich mit der Problematik heteropatriarchaler Strukturen. Göksus Arbeiten waren u.a. zu sehen in Live Works Vol. 8, der Akademie der Künste, KW-Institut für zeitgenössische Kunst – Pogo Bar, Centre d’Art Contemporain Genève, HAU Hebbel am Ufer Berlin, Tropez Berlin und im 1a Space, Hong Kong. 2021 wird Göksu ihre neue Performance „AN(A)KARA“ in den Sophiensaelen in Berlin präsentieren. Das Ensemble KNM Berlin steht für die lebendige, aktuelle Musikszene der Metropole Berlin. 1988 von Juliane Klein, Thomas Bruns und weiteren Student*innen der Hochschule für Musik Hanns Eisler im damaligen Ostteil der Stadt gegründet, wird es heute von elf Musiker*innenpersönlichkeiten aus Deutschland, Großbritannien und der Schweiz geprägt. Weltweit präsentiert das Ensemble Kompositionen, Konzertinstallationen und Konzertprojekte, die in enger Kooperation mit Komponist*innen, Autor*innen, Dirigent*innen, Künstler*innen und Regisseur*innen entstehen. Getragen werden die Programme von der Neugier auf das Unbekannte, von der Auseinandersetzung mit den wesentlichen Themen unserer Gegenwart. Sandra E. Blatterer entwirft mit ihren Licht-Kunstwerken Imaginationsräume, die die Beziehungen zwischen Realität, Symbolen und Gesellschaft untersuchen. In der Simulation von natürlichen Räumen generiert sie Kopien, die Dinge darstellen, die niemals existierten oder die kein Original mehr besitzen. Simulation wird als Imitation eines realen Bildes oder Ablaufs benutzt, um durch die visuelle Darstellung verschiedener Lichtmedien (Projektionen, Lichtskulpturen, Farbräume) einen Denk- und synästhetischen Raum für die Betrachter*innen zu entwerfen. Ihre Arbeiten verhandeln Wahrnehmung, (Bild-)Erinnerung, Parallelitäten, Traumwelten und Imagination versus sogenannte Wirklichkeit. Durch die Verfremdung des Gewöhnlichen im Sinne von Künstlichkeit konkurrieren ihre entworfenen Welten mit der Natürlichkeit und überführen Bildsequenzen in den abstrakten Raum.

Location

Radialsystem Holzmarktstr. 33 10243 Berlin

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