FOTO: © Schaubühne / Franziska Lantermann

Peer Gynt

Das sagt der/die Veranstalter:in:

»Alle Dramen von Henrik Ibsen beweisen im Abstand von eineinhalb Jahrhunderten eine unglaubliche Modernität und womöglich in unseren Tagen eine zugreifende Aktualität. Was er in der Gestalt des Peer Gynt schildert, ist ein Seelendrama - ein Ulysses aus dem 20. Jahrhundert zurückversetzt ins 19. Jahrhundert, um bei uns anzukommen im 21. Jahrhundert. Ist eine Staffage von Bildmotiven, von hohem expressiven und zugleich symbolistischem Wert. Der Symbolismus dient einer Psychologie, die dabei ist, sich selbst verstehen zu wollen, aber von meisterhafter Brillanz in der Dramaturgie den Zuschauer oder den Hörer auffordert, sich selbst zu erkennen. Symbolismus als Mittel der Psychologie ist im 19. Jahrhundert nicht unüblich. Alles darin ist symbolisch: Das Äußere ist das Innere und das Innere ist das Äußere. Und in diesem Wechselspiel entsteht ein Weg, ein Traumpfad, sich selbst zu begreifen. Begleitet von Gedanken, die bis zum Äußersten gehen. In einer Kaskade von Träumen, die die Seele bezwingen und denen das Ich der eigenen Person wie ausgeliefert, wie willenlos gegenübersteht. Die ganze Spannung liegt im ersten Satz schon: als Aase, Peers Mutter, ihn wie verklagend, abwehrend – man weiß nicht, wie man es spielen soll –, zum Teil auch halb lächelnd und begreifend anredet mit »Du lügst!«. Und was ist nun Lüge? Ein Gewebe aus Hilflosigkeit, aus Größenwahn, aus Verführung, aus Machtwille. Geboren aus Ohnmacht. Das alles spielt in den ersten zwei Worten »Du lügst!«. Dabei erzählt Peer seiner Mutter eine fantastische Jagdgeschichte, die im Gebirge spielt. Er will ihr großer Junge sein. Er will unterhaltsam sein, er will geliebt werden, eigentlich möchte er gemocht sein. Und ein Grundthema des Peer Gynt ist das abgelehnt sein. »Könnt ich ihnen doch«, sagt Peer mal, »mit Schlächterhänden die Missachtung aus der Brust reißen«. Man nimmt ihn nicht ernst, wie soll man – er ist das Kind eines Säufers. Und seine Mutter Aase, kleinwüchsig und hilflos, verwöhnt ihn über das Maß. Bekrittelt ihn zugleich aber. Umarmt ihn und verstößt ihn. Immer im Wechsel. Eine ganz ambivalente Liebe. Eine Zuneigung aber, die Peer braucht und die ihn hindert, ein Erwachsener zu sein. Er ist der kleine Junge und will der große Junge sein. Er will behütet sein bei seiner Mutter und er will gleichzeitig seine Freiheit. Und in diesem Widerspruch findet er sich eigentlich bis zum Ende des Dramas nicht zurecht.«  Eugen Drewermann   Die Arbeiten des Aktionskünstlers John Bock sind schwer einzuordnen, sie überschreiten Grenzen und starre Kategorien. Seine Kunst ist eine Mischung aus Performance, Installationskunst, Skulptur, Slapstick und Film. Zusammen mit Lars Eidinger wird er »Peer Gynt« als interdisziplinäres Projekt zwischen Theater, Bildender Kunst und Performance realisieren. Ibsens Text bildet dabei den Ausgangspunkt zu einer Untersuchung moderner Identität zwischen Theaterbühne und Internet, Figur und Schauspieler, Herkunft und Selbstentwurf, Filterblase und Realität. >>> Essay zum Stück in Pearson's Preview: Mit Wandel spielen. Lars Eidingers und John Bocks »Peer Gynt«

Location

Schaubühne am Lehniner Platz Kurfürstendamm 153 10709 Berlin

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