FOTO: © David von Becker

Christopher Williams. MODEL: Kochgeschirre, Kinder, Viet Nam (Angepasst zum Benutzen)

Vollmilch-Haselnuss, Joghurt, Erdnuss, Weiße Voll-Nuss, Marzipan, Nougat – ein Stapel halbierter Tafeln Schokolade der Marke Rittersport, Michelin-Autoreifen, Geschirrspüler, Kochtöpfe, Schaufenster im Kaufhaus, ein Strauch saftig leuchtend roter Äpfel. Aber auch: Kameras, Objektive, fotografisches Equipment und Utensilien für die Dunkelkammer – so perfekt und präzise fotografiert wie Aufnahmen für einen Produktkatalog. Doch der US-amerikanische Fotograf und Konzeptkünstler Christopher Williams macht keine Werbefotos, sondern zitiert und dekonstruiert mit hohem Aufwand, extremer Genauigkeit und Aufmerksamkeit für Details die Sujets unserer Konsumwelt und die Darstellungsmodi der kommerziellen Produktfotografie. Williams arbeitet bewusst mit Störmomenten und subtilen Verschiebungen. Das Model und Playmate des Jahres 2012 Zimra Geurts sitzt mit ihrem Badeanzug halb herabgelassen im Strandkorb und zeigt ihre wohl geformten Brüste in die Kamera. Mit ihrem natürlich gesunden Teint wie von der Sonne geküsst und in scheinbar absoluter Glückseligkeit wirkt sie wie aus einer klassischen Werbung, wohingegen der sichtbare Werbebanner und das Lichtequipment der Marke BALCAR im Hintergrund des Studios den fotografischen Produktionsprozess und die Korruption der Fotografie durch die Werbung offenlegt. Eine weitere Aufnahme zeigt das Model Mustafa Kinte (Gambia), der wie selbstverständlich für den Maßhemdenhersteller Van Laack zu posieren scheint. Sein Blick und die Makina Kamera in seiner Hand fokussieren uns als Betrachter*in. Williams kehrt hierbei die Beziehung zwischen Kamera und Sujet um und macht deutlich, das wir nicht nur Betrachter*in, sondern Objekt sind. Das Bild mit den leuchtenden Werbereklametafeln im Schaufenster der Reinigung Ursula Schweyen wiederum scheint zunächst wie eine klassische Dokumentarfotografie. Es lässt uns jedoch im Ungewissen, ob sie authentisch oder gleich einem Bühnenbild inszeniert sind. Auch hier geht es um die Frage, wie unsere Vorstellung von Realität zustande kommt und wie sich ihre historische und kulturelle Bedingtheit hinter der gewählten Präsentationsform dechiffrieren lässt – die Welt der glänzenden Oberflächen ist bei Williams immer voller Subtexte. Die umfangreichen Bildtitel tragen zur weiteren Dekonstruktion bei und sind Teil der Kunst. Akribische Informationen zum fotografierten Objekt, Ort, Material, Herkunft, Prozess und Namen des/der ausführenden Fotograf*in machen den Produktionsprozess bewusst und verweisen auf den Widerspruch zwischen dem Dargestellten und der Realität. Williams lässt seine Bilder oft in professionellen Studios und von verschiedenen Fotograf*innen aufnehmen oder verwertet häufig bereits existierende Produktionen weiter. Damit stellt er den künstlerischen Wert der Fotografie und die Frage nach der Autorenschaft zur Disposition und hält gleichzeitig unseren Wahrnehmungsmechanismen einen Spiegel vor. Für die Ausstellung Christopher Williams präsentiert der Künstler exklusiv bei C/O Berlin ausgewähltes Archivmaterial, architektonische Elemente und Schwarz-Weiß-Fotografien zusammengestellt, das seinen künstlerischen Bilderatlas und sein Verständnis von einem erweiterten Bild- und Ausstellungsraum verdeutlichen. Christopher Williams (*1956 in Los Angeles, USA) ist Fotograf und Konzeptkünstler. Er studierte in den späten 1970er-Jahren am California Institute of the Arts in Los Angeles unter anderem bei John Baldessari und Douglas Huebler und wurde zu einem der wichtigsten Konzeptkünstler seiner Generation. Seit 2008 leitet er den Fachbereich Fotografie an der Kunstakademie Düsseldorf. Seine Arbeiten wurden in renommierten Institutionen und auf Festivals weltweit präsentiert, darunter die Kestnergesellschaft, Hannover (2018), La Triennale di Milano, Mailand (2017), ETH Exhibitions, Zürich (2017), Whitechapel Gallery, London (2015), Art Institute of Chicago (2014—15), Museum of Modern Art, New York (2014), Bergen Kunsthall (2010), Staatliche Kunsthalle Baden-Baden (2010) und Bonner Kunstverein (2009). Titelbild: Christopher Williams, Bergische Bauernscheune, Junkersholz, Leichlingen September 29, 2009, 2010, Archival Pigment Print, 50,8 x 61 cm paper, 83,5 x 94 cm framed © Christopher Williams . Courtesy Gallery Gisela Capitain, Colgone and David Zwirner, New York / London / Hong Kong

Location

C/O Berlin Hardenbergstraße 22–24 10623 Berlin

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